Mainova Frankfurt Marathon – I am done!

Was ein Tag, ich habe bei einem Wettkampf noch nie so gelitten. Zu den wirklich extremen Bedingungen mit eiskaltem Starkregen und böigem Wind kamen leider auch noch muskuläre Probleme. Beim Surfen auf Hawaii hatte ich mir den Rücken verdreht, was in einer Blockade der Lendenwirbel 1-4 endete. Die Blockade konnte am Dienstag gelöst werden, es blieben aber noch Muskelschmerzen im unteren Rücken, da doch alles ganz schön gezerrt wurde 🙁
Ich hatte morgens vor dem Marathon die entsprechenden Bereiche gerollt, gedehnt und mit einem Kirschkernkissen gewärmt, trotzdem bekam ich bei km18 Schmerzen. Die Schmerzen im Rücken führten dann leider zu einer Fehlhaltung und Problemen mit dem linken Knie. Ab der Halbmarathonmarke war klar, dass ich nur unter Schmerzen finishen werde…

Aber von vorne. Dank Zeitumstellung konnte ich quasi ausschlafen und es gab das wettkampfbewährte „Breakfast for Champion“. Heute Schokoporridge mit Banane und reichlich Kaffee aus dem Ironman Hawaii „Fass“ 😉

Durch die vielen, teilweise sehr langen Wettkämpfe dieses Jahr war ich irgendwie völlig unaufgeregt und habe mich entspannt vorbereitet. Kurz vor 8Uhr kam Alex zu uns und gemeinsam sind wir mit der U-Bahn nach Frankfurt gefahren.
Hatte es während des Frühstücks noch stark geregnet, war es mittlerweile trocken und so bleib es auch erstmal. Hoffnung keimte auf: Vielleicht bleibt es ja trocken und ich kann den Lauf genießen. Die Stimmung an der Strecke wird bei Trockenheit sicherlich auch besser sein als im Regen.

An der Messe angekommen, gingen wir erstmal zur Mainova Lounge wo sich Alex mit ihren Staffelkollegen traf. Ich verabschiedete mich irgendwann um zum Start zu gehen. Alex hatte noch etwas mehr Zeit, da einerseits die Staffeln als letztes auf die Strecke gehen und sie auch nicht Startläuferin war, sondern erst an der Konstabler Wache ihren Staffelabschnitt starten sollte.

Als Outfit hatte ich kurze Hose, langes Unterhemd und Hawaiifinishershirt gewählt. Dazu die Blumenkette und meine Ryzon Wettkampfkappe 🙂 Statt Sonnenbrille gab es heute meine „normale“ Brille, Sonnenschein war definitiv nicht in Sicht 🙁

Ich machte mich also alleine auf den Weg: Erstmal Starterbeutel abgeben, nochmal zur Toilette (Profitipp: In der Messehalle gab es lange Schlangen vor den Toiletten. Die Toiletten unter der Festhalle waren hingegen total leer 🙂 ) und ich musste nicht warten.
Danach ging es in den Startblock. Ich sortierte mich bei knapp 4h Zielzeit ein und wartete darauf, dass es endlich los geht. Knapp 15min nach der Elite war auch unser Block endlich an der Startlinie und es ging los!

Die ersten Kilometer durch die Innenstadt waren toll: Viele Zuschauer, gute Stimmung und auch das Wetter spielte (noch) mit. An der Staffelwechselzone habe ich Alex nochmal kurz gesehen, danach ging es rüber nach Sachsenhausen und Niederrad.
Hier kam dann der Kipppunkt für mich 🙁 Bei km18 kamen die Schmerzen. Ich hatte befürchtet, dass mir die Verletzung am Rücken Probleme machen könnte, aber das es so schlimm wird, hatte ich nicht gedacht.

Ich lief trotz Schmerzen weiter und versucht immer wieder aktiv meine Haltung zu korrigieren und mich etwas zu lockern, irgendwie ging es so. Was mich allerdings letztendlich, zumindest körperlich gebrochen hat, war der ab km28 einsetzenden eiskalte, zum Teil sehr starke Regen.
Ich habe so abartig gefroren, zuerst habe ich meine Hände irgendwann nicht mehr gespürt, danach haben sich die Füße verabschiedet. Vielleicht war das auch gar nicht so schlecht, da die Schuhe mittlerweile komplett durchnässt waren und sich durch das Scheuern erste wunde Stellen und Blasen angekündigt haben.
An der Verpflegung bei km31 gab es eine unerwartete Begegnung: Mein Teamleiter Steve ist hier als Helfer im Einsatz. Das bekannte Gesicht und das kurze Gespräch bauen mich nochmal etwas auf 🙂

Spätestens bei km32 ging dann aber nichts mehr. Auch meine Oberschenkel waren jetzt komplett durchgefroren. Die klatschnasse Hose trug ihr übriges dazu bei die Oberschenkel richtig auszukühlen 🙁
Ein ekelhaftes, tiefes Muskelzittern setzte ein und ich konnte abschnittsweise kaum noch gehen geschweige denn laufen. Meine neue Strategie hieß jetzt 500m gehen 1500m laufen und es so bis zur 40km Marke schaffen. Ab km40 wollte ich unbedingt laufen. Ein gehendes Finish kommt für mich nicht in Frage, ich will in die Festhalle laufen! Körperlich vielleicht gebrochen, aber mental stark!

Ich war während der letzten 10km mehr als einmal den Tränen nahe, diese Schmerzen, dieser Kontrollverlust: Die Beine machen einfach nicht das, was ich will 🙁 Mein Mantra: Ich finishe, Ich finishe Laufend, Ich bin ein Ironman!
Ich versuche zwischenzeitlich ein Gel zu mir zunehmen und verzweifele fast daran: Meine Finger können die Packung nicht öffnen. Irgendwie gelingt es mir mit Unterstützung meiner Zähne dieses Teil aufzukriegen….

Auch in den Gehpausen versuche ich den Kopf nicht hängen zu lassen: Egal was die Zuschauer und andere Läufer denken. Ich darf gehen, Hauptsache ich schaffe es in die Festhalle. Ich habe sportlich so viel erreicht, ich muss weder mir noch irgendjemand anderes heute was beweisen!

Ich leide wirklich. Die Anfeuerung von Fabo von den Adidas Runners Frankfurt und anderen Zuschauern baut mich zumindest etwas wieder auf.
Endlich der letzte Kilometer, noch eine Kurve, dann geht es Richtung Messe, dann der Abzweig zur Festhalle. Auf den letzten Metern werde ich von einigen Staffelläufern fast umgerannt und sogar aus dem Weg gestoßen – ziemlich unfair. Bei meinen Staffelstarts wurde uns extra gesagt, dass Marathonteilnehmer Vorrang haben, auf sie soll Rücksicht genommen und sie beim Finish nicht behindert werden. Schade, dass manchen diese Rücksichtnahme und Respekt fehlt 🙁
Der Zieleinlauf in der Festhalle ist einfach nur episch. Auch wenn mir das genießen heute etwas schwer fällt. Ich bin trotzdem stolz und gerührt 😉

Ich suche mir meinen Platz für ein schönes Finish und hoffe zumindest auf den Finisherfotos gut auszusehen 😀

Nach dem Zielbogen sehe ich meinen Mann und die Kinder. Mein Mann macht die ersten Fotos von mir: ich leide sichtlich und bin total fertig.

Ein Lächeln fürs Foto geht mit Ansage aber schon wieder 🙂

Für mich geht es jetzt Richtung Zielverpflegung. Auf dem Weg dorthin bekomme ich noch meine Finishermedaille. An der kurzen Treppe runter von der Festhalle zur Zielverpflegung stehen viele Helfer: Die Stufen sind für viele eine Herausforderung. Irgendwie komme ich runter. Eine Helferin fragt mich ob alles gut ist. Ich antworte „Gut ist anders, aber es geht :-)“ und ernte dafür ein Lächeln!
Die Zielverpflegung ist unter freiem Himmel: Es regnet und ist windig. Warum ist die Verpflegung nicht in der Halle? Ende Oktober kann man doch eigentlich damit rechnen, dass es eher kühl ist und kein Athlet länger als nötig in der Kälte rumstehen will.
Rechte Hand warmer Tee, linke Hand warme Brühe. Einen großen Teil der Becherinhalte verschütte ich, so sehr zittere ich trotz der blauen „Wärmetüte“ die mir von freundlichen Helfern übergestreift wurde.
Ich nehme nochmal neuen Tee und neue Brühe sowie ein paar Apfelstücke. Kaltes alkoholfreies Bier ist heute nicht wirklich gefragt, die Helfer an dem Stand haben wenig zu tun. Brezel sind leider schon aus und die Quarkbällchen noch halb gefroren 🙁 Meine Zielverpflegung fällt somit größtenteils aus.

Ich mache mich lieber schnell auf Richtung Messehalle 1 und hole meinen Beutel im ersten Stock ab. Warum die Duschen dann allerdings in der zugigen Ladezone eine Etage tiefer untergebracht sind ist mir ein Rätsel. Es gibt nur einen Duschcontainer für alle Frauen, auf beiden Seiten lange Schlangen. Ich schätze eine Wartezeit von mindestens 30min (eher mehr). So lange kann ich nicht mehr in der Kälte rumstehen, ich bin jetzt schon völlig unterkühlt. Ich ziehe es vor mich direkt umzuziehen. Ich ziehe mich aus, trockne mich ab und ziehe trockene, warme Sachen an. Mütze auf und los geht’s rauf zur Mainova Lounge wo ich mich mit meinem Mann, den Kindern und Alex treffe.

Jetzt geht auch ein kühles alkoholfreies Bier 😉

Mit der U-Bahn geht es nach Hause wo ich erstmal 1h dick eingepackt in meinen Recoveryboots verbringe. Nebenbei gibt es eine doppelte Portion Pasta. Nachdem die Kinder im Bett sind und ich mich erfolgreich die Treppenstufen nach oben gekämpft habe, geht es endlich unter die Dusche.
Um kurz vor Acht schlafe ich, wieder warm eingepackt, auf der Couch ein….

Zur Motivation nochmal das Motto des Ironman Hawaii „Holomua – Keep Moving Forward“

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